Seit mehr als 20 Jahren spenden die ehrenamtlichen Mitglieder des Berufsbildungsausschusses der IHK Südlicher Oberrhein ihre Sitzungsgelder und Fahrtkostenzuschüsse an soziale Institutionen in der Region. In diesem Jahr ging die wie immer krumme Summe an Frauen helfen Frauen Ortenau. Der gemeinnützig tätige Verein widmet sich der Bekämpfung häuslicher Gewalt und gibt Frauen und Kindern in seinem Frauenhaus Unterkunft und Unterstützung.
Freudestrahlend nimmt Petra Fränzen den Scheck in Höhe von 1.482,60 Euro entgegen. „Das Geld können wir gut gebrauchen“, sagt die Geschäftsführerin des Vereins. Frauen helfen Frauen erhält öffentliche Mittel vom Ortenaukreis, vom Land Baden-Württemberg und auch von der Stadt Offenburg sowie weiteren Städten und Gemeinden. Doch 200.000 Euro muss der Verein jedes Jahr selbst erwirtschaften. Fränzen: „Allein 30.000 Euro fehlen uns, da der Bücherflohmarkt 2020 coronabedingt ausfallen musste.“ Und auch Einnahmen aus dem Frauenhauslädele, das sonst etwa 70.000 Euro jährlich einbringt, fehlen aufgrund der Pandemie. Wie alle anderen Einzelhändler muss der Laden in der Offenburger Innenstadt während der Lockdowns geschlossen bleiben.
Dabei ist der Bedarf nach Unterstützung durch Frauen helfen Frauen in der aktuellen Zeit noch größer geworden. „Corona wirkt in vielen Familien wie ein Brennglas“; weiß die Geschäftsführerin des Ortenauer Vereins. Um 30 Prozent seien die Fallzahlen gestiegen – dabei sei die Dunkelziffer geschätzt noch viel höher. „Kurzarbeit, Homeoffice und Homeschooling haben die Situation für viele Frauen und Kinder deutlich verschärft.“ 110 Frauen habe der Verein laut Fränzen im vergangenen Jahr aufgrund von Platzmangel nicht aufnehmen können. „Wir schauen dann nach Möglichkeiten in ganz Baden-Württemberg, wo es aber oft nicht besser aussieht“, erzählt Fränzen. „Leider kann es dann auch passieren, dass die Frauen zu ihren gewalttätigen Männern zurückmüssen.“
Frauen melden sich Tag und Nacht bei dem Verein. Dabei kommen sie aus allen Schichten der Gesellschaft. Fränzen: „Es ist ein Vorurteil, dass es häusliche Gewalt nur bei Hartz IV-Empfängern oder Familien mit Migrationshintergrund gibt. Die Hälfte der Frauen kommt aus sogenannten gut situierten Familien.“ 21 Frauen und 29 Kinder leben derzeit im Frauenhaus des Vereins, dessen Standort geheim ist. „Drei bis sechs Monate bleiben sie bei uns, bis wir gemeinsam eine Wohnung für sie finden“, sagt Fränzen. Doch sei dies, berichtet sie weiter, beim aktuellen Wohnungsmarkt sehr schwierig. Frustriert ist die Geschäftsführerin des Vereins trotz dieser Lage dennoch nicht. „Für jede Frau, die von ihrem gewalttätigen Mann loskommt, stehe ich jeden Morgen auf.“
Der Berufsbildungsausschuss der Industrie- und Handelskammer befasst sich in seinen Sitzungen mit allen wichtigen Angelegenheiten der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Seine Aufgaben sind im Berufsbildungsgesetz festgeschrieben. Anders als die anderen IHK-Ausschüsse nimmt er eine Sonderstellung ein: Er hat nicht nur eine beratende Funktion, sondern kann beispielsweise auch über die Einführung von Zusatzqualifikationen für Azubis, neue Weiterbildungsabschlüsse oder besondere Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderung entscheiden, die dann für das gesamte Kammergebiet am südlichen Oberrhein gelten. Dem Ausschuss gehören je zwölf Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der berufsbildenden Schulen an. Der Vorsitz wird alternierend von einem Vertreter der Arbeitgeber und von einem Vertreter der Arbeitnehmer geführt. Im Wechsel schlagen die drei Ausschussgruppen einen Empfänger für die jährliche Spende vor. In diesem Jahr waren die SchulleiterInnen an der Reihe. „Ich habe Frauen helfen Frauen vorgeschlagen und alle waren sofort einverstanden“, sagt Monika Burgmaier, Leiterin der Gewerblich-Technischen Schule Offenburg. „Ich weiß, dass es hier Bedarf gibt.“